Huhu, ich bin Isabel vom Blog „offener Zweier“ (www.offenerzweier.de)
Ich fasse an dieser Stelle den Podcast „Sexologisch“ von der wunderbaren Magdalena zusammen - Für Leseratten und alle, die das Gesagte gerne nochmal nachlesen möchten.
In Folge 31 trifft sich Magdalena zum zweiten Mal mit der Medien- und angehenden Sexualprädagogin Katharina Meierl um mit ihr über den Bereich Medien und Sexualität zu sprechen. Nach dem es in Folge 27 um Pornos ging, dreht sich das heutige Gespräch um das Thema Sexting. Magdalena und Katharina sprechen über das Versenden von freizügigen Fotos und Videos, über mögliche Folgen und wie man sich schützen kann. Auch gehen sie auf die Begriffe Victim blaming, Cybergrooming und Sextortion ein. Zuvor weisen die beiden Frauen jedoch darauf hin, dass sie über die aktuelle Gesetzeslage in Österreich und Deutschland grob Bescheid wissen, jedoch keine Juristinnen sind und daher keine Haftung für die kommenden Aussagen übernehmen können.
Reiz und Risiko vom Versenden freizügiger Bilder/Videos
Der Begriff „Sexting“ stammt von den Wörtern Sex und Texting und versteht sich als gegenseitiger Austausch von Aufnahmen, in denen vor allem primäre Geschlechtsteile gezeigt werden oder sexuelle Handlungen ersichtlich sind.Häufig findet dieser Austausch über social Media statt.
Erotische Bilder und Videos zu verschicken ist nichts Neues, doch in Zeiten der Pandemie reizvollerdenn je.
Denn wenn man sich nicht treffen kann, können Telefonsex und Sexting eine prickelnde Alternative darstellen. Zudem gehören sie zu einer selbstbestimmten Sexualität. An der Lust erotische Aufnahmen von sich zu machen ist nichts Verwerfliches, dennoch kann das Verschicken dieser Aufnahmen unschöne Folgen haben. Personen denen man heute vertraut, können morgen aus Rache, Neid, Eifersucht oder sonstigen niederen Beweggründen private Inhalte veröffentlichen und im Netzt verbreiten. Ist dies einmal geschehen, hat man keine Kontrolle mehr darüber und das Internet vergisst nicht.
Verbindungen können sich ändern und Rache ist Blutwurst.
Natürlich ist nicht jeder dem wir etwas anvertrauen tendenziell böse, dennoch weiß man nie, was in der Zukunft sein wird und verletzte Gefühle und Rachegelüste haben beispielsweise schon die beste Freundin, die große Liebe, oder den liebsten Arbeitskollegen dazu verleitet, Rachepornos ins Netz zu stellen, oder etwas mithilfe von freizügigen Bildern zu erpressen. Die Geschichten hierzu sind zahlreich und führten leider mitunter zu Existenzproblemen der Betroffenen.
Betroffen sind vor allem Jugendliche, aber nicht nur diese.
Katharina erzählt von einer Studie aus dem Jahr 2015. In dieser wurden Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren befragt. Von diesen kannten 51 % eine Personen, welche schon einmal eine Nacktaufnahme verschickt hat. Lediglich 16 % haben selbst schon einmal freizügige Aufnahmen verschickt. Dies ist ein recht geringer Anteil, welcher sich daraus erschließen lässt, dass 81% der Befragten das Risiko einschätzen können. Als es jedoch um die Frage ging, ob sie Aufnahmen versenden würden, wenn man sich in einer Beziehung vertraut, antworteten 34 % der Mädchen und 47 % der Jungen mit Ja.
Sexting wird häufig als Jugendphänomen abgestempelt, allerdings verschicken auch die ein oder anderen Erwachsenen Nacktbilder oder Videos von sich, ohne darüber nachzudenken was sein könnte wenn eine Beziehung auseinander geht, geschweige denn wie die rechtlichen Folgen sind, wenn sich doch Inhalte im Netz verbreiten.
Schuld ist wer die Daten verbreitet nicht wer sie versendet!
Wenn sich Bilder oder Videos im Netz verbreiten, nimmt man häufig an, es wäre die eigene Schuld. Schließlich hat man die Aufnahmen freiwillig versendet oder von sich machen lassen.
„Victim blaming“ ist in diesem Zusammenhang keine Seltenheit.
Victim Blaming stammt aus dem englischen und bedeutet so viel wie „Opfer- Beschuldigung“. Denn nicht selten wird den Betroffenen vorgeworfen, sie seien selber schuld an der Misere. Rein rechtlich hat jedoch nie die Person Schuld, die ein Foto oder Video versendet, sondern, die die es verbreitet. Nicht nur das Weiterleiten, sondern auch das Zeigen von solch sensiblen Inhalten einer anderen Person ist in Österreich verboten.
Generell gehört Sexting, wie bereits erwähnt, zur selbstbestimmten Sexualität. Geschieht es einvernehmlich, ist das Versenden von eigenen Bildern an eine andere Person bereits ab 14 Jahren erlaubt. Katharina weißt darauf hin, dass Eltern auf mögliche Folgen und Risiken hinweisen sollten, Sätze wie „ich hab’s dir doch gesagt“ und andere Schuldzuweisungen sollten jedoch nicht fallen.
Von Dick Picks und Popobildern
Aber was ist, wenn ich ungefragt freizügige Bilder oder sogenannte „Dick Picks“ zugeschickt bekomme? Vor allem Frauen kennen es, aus heiterem Himmel, ohne Anspielung Penisbilder zu erhalten. Neben der Frage, was sich derjenige dabei gedacht hat, kommt vor allem ein unangenehmes Gefühl in einem selber hoch. Bei Männer hingegen geht man oft davon aus, ihnen könnten unaufgeforderte, freizügige Bilder gefallen. Doch auch Männer können sich – wie Katharina an einem Beispiel erzählt – von ungefragten Pobildern oder ähnlichem bedrängt fühlen.
Die Betroffenen fühlen sich schlecht, fragen sich was sie an sich haben, oder gar verkehrt gemacht haben. Doch victim blaming ist die falsche Schlussfolgerung! Ungefragte Bilder, Videos, Texte oder auch Sprachnachrichten mit sensiblem, freizügigen Inhalt zu verschicken ist schlichtweg Belästigung und kann zur Anzeige gebracht werden. Konsens ist daher maßgebend!
Eine Hilfe für Betroffene bietet die Seite Dickstintion.com.
Auf Dickstintion.com können Dickpicks ganz einfach per scrennshots zur Anzeige gebracht werden, ohne dass Betroffene dafür extra zur Polizei gehen müssen.
Die bösen Wege des Internets
Die Gefahren in der weiten Welt des Internets sind zahlreich. Neben der Verbreitung von Bildern und Videos, welche von den Betroffenen direkt gemacht und versendet wurden, können künstliche Intelligenzen sogenannte deep fakes erstellen.
Bei einem deep fake wurden vorhandene Bilder oder Videos täuschend echt umfunktioniert.
So können künstliche Intelligenzen nicht nur Satirevideos prominenter Personen erstellen, sondern auch individuelle Nacktbilder und Pornos von Personen, von denen lediglich ein Gesichtsbild existiert.
Eine weitere Gefahr ist das sogenannte Cybergrooming, bei dem das Vertrauen hauptsächlich von Heranwachsenden erschlichen wird.
Erwachsene geben sich z.B. im Rahmen von Chats in Onlinegames als Gleichaltrige aus. Ziel dabei ist die Belästigung oder sogar der Missbrauch des Kindes oder Jugendlichen.
Unter Sextortion ist die Sexuelle Anbahnung mit Folge der Erpressung zu verstehen.
Kriminelle schielen auf das Vertrauen von jungen Menschen und benutzen erhaltene Nacktbilder um die Betroffenen zu erpressen. So drohen sie damit die Inhalte zu veröffentlichen, wenn sie nicht eine entsprechende Summe Geld erhalten. Katharina rät auf keinen Fall Geld zu überweisen, da die Erpresser immer noch höhere Summen fordern können. Stattdessen sollte man umgehend eine Polizeistelle aufsuchen.
Gibt es Safer Sexting?
„Safer Sexting“ gibt es leider nicht. Wenn man sensible Fotos, Texte, Videos oder Sprachnachrichten an dritte weitergibt, besteht immer die Gefahr, dass sich Inhalte ohne Genehmigung verselbständigen. Allerdings gibt es verschiedene Maßnahmen Gefahren im Internet möglichst gering zu halten:
o Nur einzelne Körperteile ablichten. Gesicht und markanten Körpermerkmale wie Tattoos oder Muttermale sollten verdeckt sein.
o Vor dem Versenden sollte man nochmal darüber nachdenken, ob es wirklich ein Nacktbild sein soll oder ob Aufnahmen in Unterwäsche nicht auch ausreichen.
o Bevor man auseinander geht, sollte man den anderen bitten das Bild/ Video zu löschen oder dies am besten gemeinsam tun.
o Sich selber präventiv googeln (Vor- und Nachname) um Irrläufer ggf. frühzeitig zu finden.
o Wenn man versucht bereits verbreitete Bilder/Videos zu löschen, kann es sein, dass jemand diese bereits abgespeichert hat und erneut hochlädt. Deshalb sollte man sich generell die Frage stellen, ob dieses Bild / Video wirklich aufgenommen und/ oder verschickt werden muss.
o Sollte man sich mit einer Person aus dem Internet treffen wollen, sollte man nach Möglichkeit auf die drei L achten: Lärm, Licht, Leute. Natürlich sind nicht alle Personen die man im Netz trifft böse, dennoch sollte man immer auf Nummer Sicher gehen. Bei Jugendlichen empfiehlt sich auch, sich zusammen mit einem Freund / einer Freundin mit der unbekannten Person zu treffen.
o Auf der Seite Rataufdraht.at gibt es insbesondere für Jugendliche viele hilfreiche Informationen.
Erwachsene sollten zudem präventiv mit ihren Kindern über mögliche Risiken sprechen.
Wichtig ist vor allem ein vertrauenvolles Verhältnis zwischen Eltern und Kindern. Die Heranwachsenden sollten keine Angst davor haben, sich im Fall, dass doch etwas schief gegangen ist, ihren Eltern anzuvertrauen und gemeinsam zur Polizei zu gehen. Das Androhen von Strafen seitens der Eltern wäre hingegen alles andere als zielfördernd.
Was tun im Ernstfall?
Generell rät Katharina anzuzeigen, wenn man weiß wer Bild oder Aufnahmen weitergeleitet hat. Zuvor sollte man die Person selber auffordern das Material zu löschen. Selber gemachte Screenshots dienen, im Fall einer Anzeige, als Beweis.
Sollte es zu einer unerwünschten Verbreitung gekommen sein, kann man jederzeit die Polizei kontaktieren.
Auch ist es möglich, sich per Beschwerdeformular an Onlinestellen wie die Ombudstelle.at zu wenden. Anhand der umgekehrten Googlesuche kann ggf. erkannt werden, auf welchen anderen Plattformen die verbreiteten Bilder oder Videos noch zu finden sind. Eltern wird erneut dazu geraten, einfühlsam auf ihre Kinder einzugehen und weder zu verurteilen noch mit Strafen zu drohen.
Gefundene kinderpornogrphische Inhalte können bei Stopline.at gemeldet werden.
Wichtig ist, sich präventiv mit dem Thema auseinander zu setzen
Zum Ende des Gesprächs weist Katharina darauf hin, dass es wichtig ist sich mit dem Thema auseinander zu setzen, auch wenn man voraussichtlich nie betroffen sein wird. Es könnte doch der Moment kommen, in dem eine andere Person oder gar ein Heranwachsender Unterstützung benötigt. Eltern und Pädagog*innen wird empfohlen das Thema Gefahren im Internet immer wieder in Gesprächen und im Unterricht zu platzieren. Wichtig ist vor allem Interesse an den Jugendlichen und ihrer Lebenswelt zu zeigen. Erwachsene brauchen sich keine Gedanken darüber zu machen, ob sie ausreichend medienkompetent oder sexualpädagogisch bewandert zu sein. Wenn Kinder und Jugendliche ihren Eltern vertrauen und wissen, dass sie zu diesen gehen können, egal was sie „angestellt“ haben, ist dies die beste Grundvoraussetzung um alle unschönen Ereignisse aus der Welt zu schaffen.
Hört gerne nochmal in die Folge 31 rein und wendet euch bei Frage gerne an Magdalena.
Danke Magdalena und Kathi für diese besonders lehrreiche Folge.
Genannte Anlaufstellen im Überblick:
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