BDSM – Mehr als Fifty Shades of Grey // #Folge58
Beitrag zur Podcastfolge 58 des sexOlogisch Podcast verfasst von Ismahan El-Alaoui
BDSM? – „Das ist doch so Sex mit Fesseln und so!“ Oder würgen?!
Wir erfahren spätestens nach diesem Gespräch dieser zwei wunderbaren Personen, Magdalena und Zoey, dass BDSM so viel mehr ist als jene Stereotype und Vorurteile, die spätestens seit Fifty Shades of Grey in vielen Köpfen herumschwirren. In dieser Folge soll es darum gehen ein offenes Verständnis und Akzeptanz für BDSM-Kultur zu schaffen:
Was genau ist aber BDSM? Welche Menschen mögen BDSM, welche Vorurteile und Mythen existieren und welche Tipps kann es für Personen geben, die sich in BSDM-Praktiken ausprobieren möchten? Das und noch viele weitere spannende Einzelheiten erfahrt ihr in der aktuellen Folge von sexologisch.

Was ist BDSM?
Die Abkürzung „BDSM“ steht im Englischen für „Bondage, Discipline, Domination, Submission, Sadism and Masochism.“
BDSM ist zunächst einmal ein Sammelbegriff für einvernehmliche Praktiken – oft auf körperlicher Basis – für Fesselungen (Bondage), Dominanz und Unterwerfung (Submission), Sadismus und Masochismus.
Dabei ist es wichtig zu betonen, dass es diverse Formen von BDSM gibt, die den Begriff demnach auch unterschiedlich definieren und erweitern können.
Eine zusätzliche Definition, die ich persönlich sehr wertschätzend formuliert finde, ist die Folgende: „BDSM ist eine bewusst gewählte oft sexuelle Begegnung erwachsener Personen im gegenseitigen Einverständnis, Respekt und Achtung voreinander, die durch einen bereichernden Zugang zu Schmerz und/oder inszenierten Machtverhältnissen, Fesselungen und verwandten Praktiken stattfindet, mit dem Ziel, intime Momente positiver, erregender und lebensbejahender Natur zu schaffen.“ (https://bdsm-museum.de/)
Genauso sehen es auch Zoey und Magdalena: „Sie verstehen BDSM als eine sexuelle Präferenz, die wie jede andere Vorliebe die Berechtigung hat, in einem konsensualen Rahmen ausgeübt und erlebt zu werden.“
Sexualität als etwas Fluides zu begreifen, kann helfen, Sexuelle Vorlieben ebenso aus dieser Perspektive zu betrachten. So können sich diese im Laufe des Lebens verändern und neu (er)finden. Es kann vorkommen, dass neue Präferenzen entstehen oder sich festigen: Einige wissen schon früher, worauf sie Lust haben, andere erst später und für wieder andere können sich immer wieder neue oder gewohnte Interessen etablieren und bilden.
Diese können nach eigenem Lustempfinden immer mal neu entdeckt und ausprobiert werden.
Gerade das ist doch auch das Spannende:
Sich selbst zu fragen und zu erkunden, was mir gerade gefällt. Möchte ich Kontrolle ausüben und benutze beispielsweise Fesseltechniken (die nicht verletzend sind), füge ich jemandem lustvolle Schmerzen zu, erregt mich die Reaktion der*des Anderen? Finde ich es schön auch mal Kontrolle abzugeben und empfange gerne (lustvolle) Schmerzen und bin dankbar mich einer inszenierten Macht hinzugeben? Ist es ein schönes Gefühl, wenn warmes Kerzenwachs auf meine Haut tröpfelt?
Mythen über BDSM
Oftmals begegnen uns jedoch Vorurteile, wenn über BDSM gesprochen wird. So wird noch immer behauptet, dass Menschen, die BDSM- Praktiken ausüben, doch „krank“ seien und beim Ausüben von bestimmten Praktiken Gewalt und Machtmissbrauch ausüben. Für mich ist es wichtig an dieser Stelle klarzustellen: Macht und Gewalt können immer und überall missbraucht und ausgeübt werden. Das kann genauso bei Menschen stattfinden, die in den Augen der Kritiker*innen „normalen“ Sex ausüben oder, wie es BDSM-ler*innen liebevoll nennen, „Vanillasex“ haben (gemeint ist „Blümchensex“), aber eben auch in jedem anderen denkbaren Setting, in dem bestimmte Abhängigkeitsverhältnisse bestehen. BDSM ist aber genauso wie jede andere Form von Sex eine Vorliebe – und damit eine Präferenz, bei der es selbstverständlich ist, dass diese konsensual praktiziert wird und nicht fremdschädigend wirkt. Lasst uns stets daran denken, dass im zeitlich-kulturellen Kontext Sexuelle Vorlieben mal mehr und mal weniger legitimiert werden und deshalb auch mal mehr und mal weniger stigmatisierend sind.

Werte
Deshalb ist ein respektvoller und bedürfnisorientierter Umgang mit sich selbst und den involvierten Partner*innen essentiell und bildet wichtige Grundsätze innerhalb der BDSM- Community. So muss ein vertrauensvolles und einvernehmliches Setting gewährleistet sein, in dem sich alle jederzeit sicher fühlen und immer die Möglichkeit besteht, jegliche Handlungen abzubrechen, sofern diese nicht mehr gewollt sind.
Zoey bekräftigt : „Es ist wichtig Partner*innen zu finden, mit denen mensch sich wohlfühlen und sicher fühlen kann. Eine vertrauensvolle Umgebung muss Voraussetzung sein. Jederzeit und überall geht es um respektvolle und wertschätzende Begegnungen.
Sollten sich Personen entscheiden, bestimmte Vorlieben auszuprobieren, dann sollten sich diese gut kennen, damit Reaktionen erkannt, richtig eingeschätzt und bewertet werden. Sogenannte „safe-words“ sind oftmals feste Bestandteile innerhalb der BDMS- Community, doch können bisweilen nicht ausreichend eindeutig sein. Daher gilt: Partner*innen sollten sich gut kennen, die Körpersprache muss eindeutig sein und safe-words/Bewegungen müssen abgesprochen und erkennbar sein.
Praktische Tipps
Jetzt wäre es doch super spannend zu erfahren, was ich tun kann, wenn ich Lust habe mich in BDSM auszuprobieren. Wo kann ich hingehen, wonach suche ich und erkenne ich eventuell auch Menschen, die BDSM gut finden und ausüben?!
Gibt es Erkennungszeichen? Manchmal können Personen im Alltag erkannt werden, wenn sie bestimmte Halsbänder tragen, sogenannte „choker-Halsbänder“- sie können aber auch einfach ein Modeaccessoire sein. Dies gilt auch für anderen Schmuck wie Ringe und Ketten: Sie können Erkennungsmerkmal sein, müssen es aber nicht. Solltet ihr jedoch in Clubs unterwegs sein, könnten wiederum choker-Halsbänder Zeichen für den Submission Part sein.
Zoey empfiehlt beispielsweise auch, sogenannte „Stammtische“ zu besuchen, bei denen ihr mit anderen Menschen ins Gespräch kommen könnt, euch austauschen und kennenlernen könnt. Das kann helfen, sich in angenehmer Atmosphäre langsam an das Thema heranzutasten. Weiterhin könnt ihr euch ebenso online auf die Suche begeben und euch dort erst einmal in Foren austauschen. Die Mutigen unter euch können allerdings auch gleich auf „Fetischparties“ gehen. Es bleibt dabei selbstverständlich eure Entscheidung und ganz eurem Tempo überlassen, wie ihr euch der BDSM-Kultur annähern wollt.
Zoey empfiehlt euch, euch Zeit zu nehmen und betont im Laufe des Gesprächs immer wieder, wie wichtig es ist, sich erst kennenzulernen und Vertrauen aufzubauen. So könnt ihr ein sicheres und angenehmes Setting herstellen. Aber egal wie ihr es macht und ob ihr euch hierfür interessiert, es bleibt dabei immer wichtig, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen, eurer Lust zu folgen und euch in Dingen auszuprobieren, sofern ihr und andere es wollen.
Es bleibt mir nur noch zu wünschen: Viel Freude dabei. :)
Über Ismahan El-Alaoui
Hi, ich bin Ismahan und lebe mit meinen fünfjährigen Zwillingen in Berlin. Ich habe lange Kulturwissenschaften studiert, dann erfolgreich abgebrochen- in den letzten Jahren immer mal wieder an verschiedensten Projekten mitwirken dürfen. Derzeit bin ich Mitglied im Betroffenenrat beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs und schon bald in Weiterbildung zum:zur Sexualpädagog:in, auf die ich mich schon unfassbar freue! Meine Herzensthemen sind sexuelle Bildung, Kinderschutz und intersektionaler Feminismus. Ansonsten würde ich mich als witzig, zugewandt und super neugierig beschreiben. Ich bin gut darin, Menschen einfühlsam und mitfühlend zu begegnen. Wenn ich ein Kondom- oder Lecktuch/Gleitgelsorte wäre, dann würde ich immer so geschmacksneutral wie möglich wählen, weil ich´s unverfälscht und ehrlich mag. Mein instagram-account ist: lola_oui und meine Betroffenenratsseite UBSKM diese hier: https://beauftragter-missbrauch.de/betroffenenrat/der-betroffenenrat#e23774

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